Sonntag, 8. November 2009

Read.Me 08.11.2009

Das Sendeformat Tempovision (Beispiel) werde ich aus Gründen des Aufwandes nicht mehr reanimieren, ebenso wie längere Beiträge wie dieser hier wohl der Vergangenheit angehören werden.
Wiederbeleben möchte ich jedoch die Rubrik «Read.Me» aus meinem ersten Blog, dessen Reste sich noch hier im Cache befinden. Dabei handelt es sich ganz trivial um Fundstücke beim täglichen Surfen. Denn was können Blogs besser, als Informationen vernetzen? Auf gehts...

Überschrift im T-Blog: Wirtschaften "als ob". Thema ist das Ausbluten von Konzernen wie der Telekom durch Inkompetenz und Betrug. Zitat: "Denn Dividendenpolitik "nach der Logik der vergangenen Jahre" orientiert am EBITDA und Free Cash Flow bedeuten bei dem Unternehmen nichts anderes als permanente plünderische Zahlungen auf immer noch mehr Pump, nach bewährter Heuschrecken-Manier."
Irgendwann werden dann Wirtschaftsprüfer, Politik und Staatsanwaltschaften vor der entbeinten Hülle stehen und mit einem Wer-hätte-dann-sowas-ahnen-können ganz großes Kino liefern.

Was haben sich die Medien überschlagen, von wegen GM hätte die Kanzlerin brüskiert mit der Absage des Verkaufs von Opel an Magna. Schöner Beitrag in der Welt dazu: "Ein Brief des früheren Wirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg vom 17. Oktober an die GM-Spitze wirft viele Fragen auf. Offenbar konnte das Schreiben als Ermunterung der Bundesregierung verstanden werden, Opel doch nicht zu verkaufen. Erhebliche Einwände aus Brüssel hatte Guttenberg ignoriert."
Ich lese das so: zu Guttenberg hat zugesichert, daß Staatsknete so oder so fließt und GM hat sich dann gedacht, dann könne es auch in Richtung Detroit fließen. Im Prinzip ist zu Guttenberg aber derzeit unangreifbar, da die Kanzlerin nicht wenige Tage nach der Regierungsbildung den ersten Minister schon wieder rausschmeißen kann. Das macht keinen guten Eindruck.^^
Bedenkt man aber, daß die Strategie der Bundesregierungen seit Schröder eine Annäherung an und wirtschaftlich stärkere Verflechtung mit Rußland ist, dann hat er aus Sicht der Bundesregierung größeren Bockmist gebaut, als in der Presse davon stehen wird.

Bei Hartgeld gibt es ein PDF-File zum Herunterladen mit einem interessanten Thema: "Seit 9/11 keine freie Recherche mehr. - Ein Redakteur packt aus." Kleines Zitat: "Bei namhaften Kunden findest du im Briefing meist einen Vermerk wie «Material anbei, keine Recherche, nur Text!»"
Das Interview hält zwar nicht ganz, was die Titelzeile verspricht, aber ein schöner Einblick in den Zustand unseres selbsternannten Qualitätsjournalismus. Und ein Eindruck von der sogenannten IV. Gewalt der Demokratietheorie. Oder um es mit Peter Scholl-Latour zu sagen: "Die Freiheit der Presse im Westen, wobei die viel besser ist als anderswo, ist letztlich die Freiheit von 200 reichen Leuten ihre Meinung zu veröffentlichen."

Ständig werden wir von allen Seiten mit Prognosen zugetextet, deren Aussagen bei genauerem Hinschauen zumindest fragwürdig sind. Das Problem: Prognosen werden im Allgemeinen in Auftrag gegeben und so ist, wohlwollend formuliert, die Schere im Kopf vorprogrammiert, um den Auftraggeber nicht vor den Kopf zu stoßen, der mit der in Auftrag gegebenen Prognose natürlich seine eigenen Ziele verfolgt. Bei Youtube kann man sich das ausführlich anschauen: Prognosen/Vorhersagen - Deutungshoheit und Meinungsmache. (1/4, 2/4, 3/4, 4/4).
Ich verweise in diesem Zusammenhang immer gern auf den erzkonservativen, neoliberalen Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek mit seiner "Anmaßung des Wissens" und damit dem Satz von der Nichtzentralisierbarkeit allen relevanten Wissens, um eine Volkswirtschaft vernünftig planen zu können. Er hat das zwar den Planwirtschaften des Ostblocks entgegen geschleudert, aber das hat natürlich universale Bedeutung.

Und noch was aus dem SED-Propagandablatt (Ironie!) Financial Times Deutschland: "Kaum war die Mauer gefallen, riefen die Demonstranten in der DDR nach der harten Westwährung. Doch die Entscheidung über den Umtauschkurs zwischen Mark der DDR und D-Mark war unüberlegt - und führte zum Niedergang der Ostwirtschaft." - Lesenswert. So hoffnungslos tot kann der Osten 1989 nicht gewesen sein, wenn's danach noch weiter abwärts gehen konnte.
Paßt auch sehr gut der Tagesspiegel-Artikel aus dem Westteil Berlins (!) dazu: "Wie sich westdeutsche Banken auf unsere Kosten an fiktiven DDR-Krediten bereicherten."
Schön auch zum 09. November dieser Beitrag in der Berliner Zeitung: "Dem Westen passte der Mauerbau gut ins Konzept - Erfahrungen eines BBC-Korrespondenten im geteilten Berlin." Da heißt es dann u.a.: "Wir Westmächte sind über den Mauerbau eigentlich erleichtert. ... Ein ökonomischer Zusammenbruch Ostdeutschlands hätte eine unkalkulierbare sowjetische Reaktion ausgelöst. ... Die Sowjets wussten sehr wohl, dass sie keine westlichen Gegenmaßnahmen zu befürchten hatten." - Hm, außer in dieser Zeitung habe ich diesen Blickwinkel noch nirgendwo anderes vernommen. Qualitätsmedien halt... *fg