Montag, 4. April 2011

FDP: Kleine Brötchen

Spiegel-Online: "Das Gesundheitsministerium sei ein problematisches Ressort für die FDP, sagte die 40-jährige Koch-Mehrin im ZDF. Es sei für den kleineren Koalitionspartner "fast unmöglich", in einem derart reformbedürftigen Bereich die eigenen politischen Vorstellungen gegen einen viel größeren Koalitionspartner durchzusetzen. Mit Blick auf Philipp Rösler sagte Koch-Mehrin, auch wenn der Gesundheitsminister exzellent sei, stelle sich die Frage, ob es für die FDP sinnvoll sei, das Ministerium zu behalten oder ob es besser sei, "da eine Veränderung herbeizuführen". Koch-Mehrins Logik: "Man braucht Parteivorsitzende, die in ihren Bereichen auch Erfolge erzielen können." - Also wenn das jetzt die Meßlatte sein soll... Als Gesundheitsminister (An welcher Stelle genau ist der eigentlich exzellent?) könnte er sich quasi berühmt schießen, profilieren bis in jedes Geschichtsbuch (außer in die Ausgaben der FDP-Stammwähler), aber da sind ihm die Schuhe wohl doch viel zu groß. Also muß es ein Ministerium auf Augenhöhe sein, solange bis der Schuh paßt, damit sich der Erfolg möglichst vollautomatisch einstellt. Solche Überlegungen kann man bei der Regierungsbildung anstellen, aber doch nicht mitten im Wettkampf. Das riecht ja förmlich nach Feigheit vor dem Feind. Wie wärs also mit dem Kassenhäuschen eines Freibades im Winterhalbjahr? Menno, diese Art der Überlegungen disqualifiziert doch den Bewerber um einen Parteivorsitz bzw. um einen Sitz in einem Parteivorstand. (Btw. Baum rockt: Westerwelle kann nicht der FDP peinlich sein, aber Deutschland nach außen vertreten wollen. Von wegen "altes Eisen"!)

So, und bevor dem Westerwelle angesichts der sich ums Erbe balgenden Halbstarken jemand eine Träne hinterherweint... - einen hab ich noch! Genau das ist der Punkt, warum die FDP steht, wo sie steht.



Update I 05.04. - DLF-Interview mit Patrick Adenauer vom Verband der Familienunternehmer: "Verbandspräsident Patrick Adenauer empfiehlt der Regierungskoalition, dem kommenden FDP-Chef das Finanzressort zu übertragen. Sollte dies nicht möglich sein, müsse er ein Amt bekommen, in dem er für bürgerliche Werte einstehen könne." - Was'n das für'n Unternehmer??? Das die sich nicht Entblöden, für den neuen Parteichef, für den Retter, für den Jetzt-gehts-aufwärts-Macher ein eigenes Sprücheklopf-Ministerium zu fordern! Wieso kann Rösler im Gesundheitsministerium nicht für bürgerlichen Werte einstehen? Was stört da? Soll die Linkspartei das Gesundheitsministerium auf Bundesrepublikslebenszeit führen, weil die CDU/CSU/SPD/Grüne ja auch für bürgerliche Werte stehen? Aber da ist die Merkel davor. Nachdem der Rösler sich als Gesundheitsminister als Rohrkrepierer erwiesen hat, wird sie ihn unter keinen Umständen auf das Finanzministerium loslassen. Boah, was ist das für ein luschenhaftes Verhalten, sich innerhalb der Legislaturperiode ein parteiplattformtaugliches Ministerium einzufordern. Ministerien sind keine Parteiorgane! Wie's ausschaut: noch nicht.

Update II 05.04. - Der Koppelin und andere verteidigen Westerwelle im Amt als Außenminister. Mag ja sein, dass das der Preis für seinen Rücktritt als Parteivorsitzender war. Aber Westerwelle auch noch zu loben. Heilsam ist in so einem Falle die Sicht von außen (heutige, mittägliche Internationale Presseschau im DLF; Hervorhebungen von mir):
"Westerwelle ist Deutschlands unpopulärster Politiker. Dass er jetzt zum Rücktritt als FDP-Chef gezwungen wurde, würde im Ausland normalerweise wenig mehr als ein Gähnen auslösen - wäre da nicht der Haken, dass Westerwelle sich an sein Amt als Außenminister klammert. In dieser Funktion liefert er noch schlechtere Arbeit ab als in jener des Parteivorsitzenden. Als FDP-Chef hat er über zehn Jahre provoziert und eine Show abgeliefert, die manchmal lustig war. Viel zu oft aber wirkte er wie ein Clown. Westerwelle ist im Faxen machen besser als im Amt des Außenministers. Ihn von diesem Posten zu entfernen, wäre die einzig angemessene Maßnahme", findet die in Stockholm erscheinende Zeitung DAGENS NYHETER.
Treffer und versenkt, würde ich sagen... - Und auch die FTD kloppt auf Westerwelle herum: "Merkel muss ihr Gruselkabinett umbilden." Aber dann hinterfotzig: "Die FDP sollte - wie sie es immer wollte - das Finanzministerium erhalten, damit sie zeigen kann, was sie seit Jahren behauptet, nämlich dass Steuersenkungen und die Sanierung der Staatsfinanzen in Einklang zu bringen seien." Allerdings ist mir das Finanzministerium als Krabbelgruppe zur Entzauberung der FDP zu schade.