Dienstag, 5. April 2011

Camouflage als Politikprinzip

Ich hatte ja schon mehrfach auf Schopenhauers Kunstgriffe verwiesen, welche für mich definitiv zur Allgemeinbildung gehören sollten. Sehr schön dabei auch Schopenhauers Maxime: „Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.“ - Immer wieder gern genommen werden dabei die simulierten Argumente bzw. Verschleierungen. Hinterfragt man deren Aussage, wird ihre Ungültigkeit klar. Zwei Beispiele:

Vorgestern bereits angeführt hatte ich die flotte Wahlvolkanbiederung von Philipp Rösler (Totalverriss hier: "Egon Krenz der FDP"): "Wir müssen uns wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern." - Wenn er dazu die Absicht hätte, warum macht er das nicht in seinem Bundesgesundheitsministerium? Warum dann eine als Gesundheitsprämie verbrämte Kopfpauschale? Warum dann die Kurzhaltung der Krankenkassen bei überquellendem Gesundheitsfond? Oder für unsere christsozialen Mitbürger: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! (1. Johannes 2,1-6)

Den jüngsten Vogel schießt dabei der frischgebackene Bundeninnenminister Friedrich ab, dessen Aussagen Netzpolitik.org aufgegabelt hat. Nicht zu Unrecht beargwöhnte die Netzgemeinde den CSU-Netzkongress als nicht repräsentativ für die Meinung der Führungsriege.

Auch Friedrich will lieber von Mindestdatenspeicherung sprechen: “Dieser Begriff ist besser, denn bei Vorratsdatenspeicherung wird man merkwürdig angeschaut.”
Mit einer Begriffsveränderung soll dem sich nicht mit der Materie beschäftigten Wahlvolk Sand in die Augen gestreut werden. Da hat sich in der Sache überhaupt nichts verändert! Normalerweise müsste jetzt jeder Bürger dem Friedrich einen Brief schreiben mit der Frage: "Für wie dämlich halten Sie mich?" - Zumal der Effekt verpuffen wird. Die Netzgemeinde wird in den kommenden Wochen diesen Begriff (so die Politik diesen auch wirklich verwendet) ausreichend ventilieren und dann wird der Friedrich hoffentlich wieder "merkwürdig angeschaut".
“Ohne Speicherung entsteht im Internet ein rechtsfreier Raum.”
Der Running Gag schwarzer Innenpolitik überhaupt. Das "Internet" ist wohl eine Installation im Weltall oder zumindest in der staatenfreien Antarktis? Die Filesharing-Abmahnwellen sind ein Produkt der Fantasie? Die tausenden Urheberrechtsprozesse (Service-Link für Herrn Friedrich) sind allesamt Einbildung? Wie hätte es der Herr denn gerne? So?


Update 9:35 - Ich sehe gerade, Herr Stadler haut in die gleiche Kerbe: "Die Mutter aller Online-Plattitüden – das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein..." *sich Online-Plattitüde notier*