Montag, 10. Januar 2011

10.01.2011

Ich habe am Wochenende in meinen Windows-Einstellungen herumgefuhrwerkt und mußte spontan lachen.


Am 06.01. hatte ich noch geunkt, dass Orban mit seinem sinngemäßen auf-Forderung-der-EU-schauen-wir-über-unser-Mediengesetz-noch-einmal-drüber nicht etwa eingeknickt ist, sondern sich die Textstellen zeigen lassen und dabei Berlusconi, Sarkozy und den Rest der Scheinheiligen mit ins Boot ziehen will. Telepolis unterfüttert jetzt meine Vermutung: "Ministerpräsident Viktor Orban will im Falle einer Beanstandung seines neuen Mediengesetzes keine Ungleichbehandlung hinnehmen." Und weiter: "Bei einer objektiven Betrachtung der Rechtslagen müssten sich unter anderem Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien Gedanken darüber machen, ob Teile ihrer Jugendschutz-, Abmahn-, Internet- und Pressegesetze nicht ähnlich negative Auswirkungen auf die Redefreiheit haben wie ihre Entsprechungen im neuen ungarischen Regelwerk." - Ich kann nur hoffen, Ungarn zieht das durch. Dann haben sich unsere Edeldemokraten aber ein 1A-Ei gelegt.^^

Weil ich gerade bei Telepolis bin: als Partei muß man mediale Aufmerksamkeit erringen, indem man auch mal auf irgendeinen Zug aufspringt, der gerade durch die Gazetten rattert. Nach dem sinnfreien* Gezeter um die Linken-Vorsitzende Lötzsch (hier beim DLF mehr dazu), fordert die Piratenpartei jetzt die Überwachung aller Parteien "angesichts der Tatsache, dass im letzten Jahrzehnt aus allen fünf im Bundestag vertretenen politischen Gruppierungen zuhauf verfassungsfeindliche Vorschläge kamen und teilweise sogar umgesetzt wurden, bevor sie das Bundesverfassungsgericht verbot." - Polemik pur, aber man kann das den Pächtern der Demokratie vom Schlage des CDU-Kommunikationsexperten Dobrindt nicht oft genug unter die Nase reiben.

*Sinnfrei, weil von ihr quasi ein Pflicht-Disclaimer als Endlosschleife gefordert wird. Also jedes Mal, wenn sie, egal in welchem Zusammenhang, etwas vom Kommunismus faselt, soll sie im gleichen Atemzug die Verbrechen im Namen des Kommunismus aufzählen und bedauern. Also wenn schon, dann gleiches Recht für alle. Da will ich noch nicht mal auf die Kirche abheben. Da reichen mir die Verbrechen der letzten 20 Jahre im Namen der Menschenrechte, der Demokratie und der Freiheit völlig zu (Stichworte: Balkan, Irak, Afghanistan). Die Rote-Socken-Kampagne war auch schon einmal intelligenter.

Apropos Linkspartei: in der DLF-Presseschau von heute wird die Chemnitzer Freie Presse zitiert: "Den Realpolitikern unter den Linken wird dieser Versuch, am linken Rand zu fischen, den Start in dieses Wahljahr ziemlich vermiesen." - Na und? Die Aufgabe der Linkspartei in dieser Demokratie ist doch gerade das "Abfischen" des linken Randes, um das Reservoire für ganz Linksaußen möglichst klein zu halten. So hatte die Vorläuferpartei PDS u.a. die Daseinsberechtigung, den alten SED-Eliten einen Therapiekreis zu bieten, damit die nicht herrenlos auf der Straße herumturnen. Genau die gleiche Aufgabe haben CDU/CSU für Rechtsaußen und nur so ist F.J. Strauß sein "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben" zu verstehen. Damit wären die Realpolitiker einfach nur in der falschen Partei bzw. sind sie deren Legitimation, sich als Partei des demokratischen Spektrums zu bezeichnen.

Ein OLG-Richter zeigt den BKA-Präsidenten wegen Beihilfe zum Mord an. (Quelle) Und was machen die Edelreporter daraus? "Die Strafanzeige soll klären helfen..." - Kläääreeen heeelfeeen? Die Sprachregelung hätte ich gern mal bei Prozessen, wo es rund um Kinderporno und Terror nur so hypt. Jedenfalls kann man den OLG-Richter weder als extremistischen Spinner bezeichnen noch öffentlich frontal anfahren. Bin gespannt, wie das dann letzten Endes "geklärt" wird. ;)

Update 11.01.2011: Ich hatte es richtig! Aber im Gegensatz zum RA Stadler halte ich das schon für eine Meldung. Oder hat eine Anzeige gegen BKA-Chef-Zierke für diesen schon den Status der morgendlichen Rasur?

Schöne Schlagzeile: NPD freut sich auf Volkszählung. Hintergrund ist, dass die NPD ihre Truppen aufgerufen hat, sich als Helfer bei der nächsten Volkszählung freiwillig zu melden. Und sich bei der Gelegenheit gleich mal auf den Fragebögen und in den Wohnungen der Befragten umzuschauen. Freunde finden, Feinde identifizieren. Nicht ungeschickt gedacht. Aber das gibt den Zählungsgegnern gleich noch ein Argument an die Hand. Insofern: Danke dafür.

In der letzten DRadio-Sendung "Mahlzeit" war der aktuelle Dioxin-Skandal das Thema der Sendung. Ganz am Ende der Meldung findet sich das Zitat: "Noch bedeutsamer für die Dioxinfracht auf Feldern, Wiesen und Weiden ist etwas ganz anderes: Die Feuerstürme des Zweiten Weltkriegs. Zig Kilometer zogen die Rauchschwaden übers Land. Am Fallout, also an den Rückständen, lässt sich noch heute die Hauptwindrichtung während der Bombennächte ablesen. Daher rührt das Dioxin in unserem Essen. Aber sprechen will darüber niemand. Entweder wir verabschieden uns von der fixen Idee, unsere Nahrung müsste quasi dioxinfrei sein, oder wir werden in Zukunft auf Produkte aus Freilandhaltung verzichten müssen..." - Ich kann das natürlich nicht nachprüfen, aber die Meldung bürstet schön gegen den Hype und läßt die Luft aus diesem an ganz unerwarteter Stelle heraus.

Globalisierung mal anders herum: "Um dem schlechten Qualitätsimage der Chinaware zu entgehen, wollen jetzt also auch chinesische Unternehmen die Einzelteile für ihre Produkte nach Europa importieren, hier zusammenbauen - und dann auch wieder nach China zurück exportieren." (Quelle) - Spanien als verlängerte Werkbank der Chinesen. Wenn uns das vor 10 Jahren jemand erzählt hätte. Andererseits ein schönes Beispiel dafür, wie auch der chinesische Verbraucher für dumm verkauft wird bzw. werden soll. Das haut voll in meine Kerbe. Die "kleinen Leute" haben eben international mehr miteinander gemeinsam, als mit ihren nationalen Eliten. Frei nach Marx: "Verbraucher aller Länder, vereinigt euch!" Und es steckt noch die Aussage drin, dass die Chinesen für die nächsten 20-30 Jahre an einen bezahlbaren Transport hin und zurück um die halbe Welt glauben. Erdöl ist also morgen auch noch da. Ebenso erhöht sich damit das Interesse der chinesischen Wirtschaftslobby an einer Zusammenarbeit Europa-China weiter. Das schafft im Falle eines Falles Verbündete gegen Pekinger Hardliner.

Im Morgeninterview legt der Moderator zum Schluß ein ausgelutschtes Bonbon hin, auf dem Frau Aigner auch artig herum nuckelt: ob denn der Verbraucher nicht selbst schuld sei, wenn er immer nur den billigsten Kram kaufe. Nein, ist er natürlich (!) nicht. Den Preiskampf haben die Supermärkte in den 1980ern in Schwung versetzt und bewerben ihre Produkte seitdem vorrangig über den Preis und nicht über die Produkteigenschaften, geben also dem Verbraucher nur dieses eine Entscheidungskriterium an die Hand. Abgesehen davon, dass der Kauf dieses $Irgendeinproduktname jung & sexy macht. ;) Aber das nur nebenbei. Mit dem Verkauf eines Produktes sichert der Verkäufer/Produzent nämlich gewisse Produkteigenschaften, insbesondere die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Grenzwerte etc. zu. Diese Dinge können dann für den Kunden als ohne besondere Erwähnung zugesichert gelten. Wenn der Produzent diese Eigenschaften nicht einhalten kann zu diesem niedrigen Preis, dann muß er eben den Preis erhöhen. Was ist das für eine Argumentation, dass der Kunde am Preis mehr erkennen können soll, als alle Gewerbeaufsichtsbeamten zusammen? - Ach so, und außerdem verkauft man als echter Fiesling sein billiges Produkt nicht billig, sondern knapp unter dem Marktniveau und kassiert so eine hohe Marge. Nicht zu vergessen, dass Landwirtschafts- und Verbraucherministerium sowieso aus Interessenskonflikten heraus getrennt gehören. Zudem dürfen die Produzenten noch viel zu viel Wissenswertes unter dem Mäntelchen des Geschäftsgeheimnisses dem Kunden vorenthalten. Was eigentlich nicht der reinen Lehre der Marktwirtschaft entspricht.