Freitag, 21. Januar 2011

21.01.2011

Ausführlicher Beitrag im Verfassungsblog über das Demokratiedesaster in Ungarn. Ein schöner Beleg u.a. dafür, dass sich manche Blogger durchaus mit gestandenen Qualitätsjournalisten messen können. Thematisiert wird, dass das neue Mediengesetz in Ungarn durch die Verfassungsänderung haushoch getoppt wird. Appetizer: "Fidesz will offenbar auch dafür sorgen, dass diese Verfassung über die Zeit ihrer Zweidrittelmehrheit hinaus Bestand hat. Abgeändert werden können soll sie nach dem Entwurf ... nämlich nur dann, wenn das Parlament in zwei aufeinanderfolgenden Legislaturperioden das mit Zweidrittelmehrheit beschließt." Lesebefehl! (via)

Gestern hatte ich mich im Zusammenhang mit der Öffnung der Feldpost aus Afghanistan über den Unterschied von "systematisch" und "ohne Vorsatz" mokiert, denn zum Zeitpunkt des Postens war das der mediale Stand der Dinge. Und ich hatte mich schon über meine beiden "Freunde" beim DLF verbreitet. Einer hat gestern wieder zugeschlagen. Und zwar in den Kommentaren am Abend: Rolf Clement. Nur mal so ein Zitat: "In den Poststellen sind auch Ortskräfte beschäftigt, und dass diese in der wirtschaftlich schwierigen Lage in Afghanistan überall nach Euros suchen, manchmal eben auch in den Briefen der Soldaten, ist zwar nicht zu rechtfertigen, aber zu verstehen." - Die Soldaten bekommen doch ihre Euros in Deutschland auf ein Deutsches Konto überwiesen. Was gibt es da in den Briefen für Geld zu finden? Und wieso fallen geöffnete und leere Umschläge in der Feldpoststelle in Darmstadt nicht auf?

Ich bin jetzt keine Alarmhupe, aber ich möchte für meinen Teil erklären, dass der Journalist Rolf Clemens (und da werde ich beim Bloggen immer wieder darauf zurück kommen) zu NATO- und Bundeswehrfreundlich agiert. Beschäftigt man sich etwas näher mit ihm, hat man sich die Erklärung schnell zusammengegoogelt. Da wird man beim Perlentaucher schnell fündig. Er ist Mitglied des Think Tank Internationales Institut für Strategische Studien IISS und des Beirats für Innere Führung beim Bundesministerium der Verteidigung. Damit fehlt für mich der Abstand zur Sache. Ganz salopp meine Meinung: Wenn man mit diesen Kreisen eng zusammenarbeit, mal ein Informatiönchen gesteckt bekommt, die Leute näher kennen und auch schätzen lernt, dann ist ein "hineinrutschen" völlig normal. Aber dann wäre das für mich auch eine Information am Anfang eines Kommentares zur Bundeswehr wert. Und so ist mir sein Gekrittel am Wehrbeauftragten ("recht unglücklich agierender Wehrbeauftragter wollte hier Punkte sammeln ... wiederum ohne Fortune"), welcher ein Hilfsorgan des Bundestages ist (die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee), von zu viel Nähe zum Objekt geprägt.

Mein anderer "Liebling" ist Frau Adler (siehe bspw. hier). Wie gesagt, eigentlich respektable Alpha-Journalisten, aber für meinen Geschmack sind beide politisch so vorgeprägt, dass ihre Argumentation stets sehr vorausschaubar ist. Beispiel: "Gute Zahlen schlecht verkauft ... Wieder einmal rempelten die schwarz-gelben Mächtigen alles um, was sie so hübsch ins Schaufenster hätten stellen können." (DLF) WAS SIE SO HÜBSCH HÄTTEN INS SCHAUFENSTER HÄTTEN STELLEN KÖNNEN? Ergriffe man noch tendenziöser Partei, man könnte es gleich Wahlkampfhilfe nennen. Das Wachstum beruht vor allem auf dem Export, also nicht "wir kaufen wieder mehr", sondern das Ausland kauft mehr. Die Arbeitslosenquote wird qualitativ nicht hinterfragt (also Statistikbereinigungen; Art der vermittelten Tätigkeiten wie Leiharbeit, Niedriglöhne, berfristete Verträge etc) . Und "unsere Löhne" steigen keineswegs. Und das die Staatsverschuldung niedrigerer ausfällt, wäre auch ein Jubelgrund. Mal abgesehen davon, dass eine Neuverschuldung eine Neuverschuldung ist: keine Hinterfragen der Qualität dieser Schulden als 1:1-Spiegelung von Vermögenswerten. Als intelligenter Frau kann man da eigentlich nur noch Agieren wider besseres Wissen konstatieren. Oder sie versteht es wirklich nicht.

Eine schöne Scheinwendung im Dioxin-Skandal hat die Sargnagelschmiede ausgegraben: "Ein Verantwortlicher des Dioxinskandals hat für die Stasi der DDR gearbeitet." (ZEIT) Allerdings sind die Leser nicht ganz so dröge, wie die Journaille vielleicht glaubt: "Was hat denn die Stasi-Mitarbeit mit der vorsätzlichen Panscherei von Futtermitteln mit dioxinverseuchten Fetten zu tun? Die Stasi-Mitarbeit macht die Angelegenheit weder weniger noch mehr kriminell, als sie es ist..." - Damit wäre alles gesagt. Es gibt seit 20 Jahren keine Stasi mehr. Oder war Filbinger deswegen ein schlechterer CDU-Ministerpräsident, weil er NSDAP-Mitglied und 1943-1945 Marinerichter war und als dieser auch Todesstrafen aussprach? Oder das NSDAP-Mitglied Globke ein schlechterer Staatssekretär, weil er 1935 an an der Verschärfung der Rassengesetze und im III. Reich an der Deportation von 20000 Juden mitwirkte? Die ZEIT muss sich wirklich fragen lassen, ob sie nicht so unglücklich argumentiert, dass man dahinter glatt eine Ablenkung von irgend etwas Anderem vermuten könnte. Wieso werden Stasi und Linke gefühlt immer als Klassifizierung gehandelt, Kirchen- und CDU-Zugehörigkeit aber nicht?

Lukascheno wirft deutschen und polnischen Geheimdiensten vor, an seinem Stuhl zu sägen (Quelle). Das deutsche Auswärtige Amt bezeichnet das als völlig abwegig. Ja klar. Kann sein, kann nicht sein. Aber "völlig abwegig"??? Anmerkung, aus dem Gedächtnis heraus: war nicht Sabine Adler (siehe oben) kürzlich für ein paar Tage in Weißrussland die Nachwahlzeit beobachtend? Ob man da etwas größeres Berichtenswertes erwartet hatte? Achtung: VT! ;)

Achso, Weißrußland ist nicht direkt am Ende, das wäre zu früh gefreut: "Die Nachfrage nach neuen auf den US-Dollar lautenden Eurobonds Weißrusslands hat mit 2,75 Millionen Dollar 240 Prozent über dem Angebot gelegen. " (Quelle) Kleine Pointe: 8,95 % sind für Weißrußland scheinbar ein annehmbarer Prozentsatz, für Portugal sind aber 6,7% der halbe Untergang. Die Auflösung: die institutionellen Anleger haben mit ihrer zinstreibenden Panikmache bei der EZB auf Granit gebissen.

Zum Nerdcore-Shitstorm muß man wohl sagen, dass erwachsene Menschen keine Post vom Staatsanwalt oder Gericht ignorieren sollten. Aber zur fraglichen Firma Euroweb findet sich hier etwas. Aus eigenem Erleben kann ich die Masche "Referenz-Webseite" bestätigen. Das Gespräch war aber nach 10 Minuten aus einem anderen Grund zu Ende. Bin ich ja wohl noch mal von der Schippe gehopst... ;)

Für alle Freunde der Inflation, Hyperinflation, Geldentwertung und sonstiger Papiertsunamis, welche in ihren Kristallkugeln den Untergang des Euros prognostizieren, nachfolgend eine Abbildung der Bundesbank.
Nachdem wir jahreslang gelernt haben, dass die Vergrößerung der Geldmenge M3 quasi der Garant für die Unausweichlichkeit der Inflation ist: die letzten 13 Jahre war das M3-Wachstum nie so niedrig in diesen Wochen. Also für mich sieht das nach einer deflationären Tendenz aus. Die Pferde wollen nicht fressen. Basta! ;)

Passend dazu ein Bericht im Spiegel von bedrückender Erkenntnisfreiheit: "In weiten Teilen Asiens grassiert eine Inflation, die Lebensmittel fast unbezahlbar macht." Dann werden die Gründe aufgezählt: Mißernten bspw. - regional sicherlich, wie in Pakistan. Aber eben nicht weltweit. Was ist nun mit Globalisierung? Fast wäre man zum Grund durchgedrungen mit einem "verteuern gestiegene Energiepreise die landwirtschaftliche Produktion." Biegt dann aber ab, bevor man sich die Frage nach dem Grund für die Energiepreissteigerungen stellt. Man hätte sonst kanstatieren müssen, dass sich auch die institutionellen Anleger für ihre sicheren Anlagen v.a. auf Staatspapiere und Rohstoffe/Lebensmittel stürzen. Und wie kann man dann die eigenen, hohen Renditeerwartungen erzielen? Indem sich der Markt gegenseitig die Zertifikate auf Rohstoffe und Lebensmittel hochjazzt. Das fehlt als Erklärungsmöglichkeit völlig.

Xavier Naidoo mag ich nicht wirklich. Eher war er für mich stets der Grund, den Sender zu wechseln. Ist halt so. Dieser Song ist mir allerdings die Verbreitung wert. Mal ein Songtext, der mit Namen arbeitet. Chapeau! Zuvor noch schnell: Angenehmes Wochenende!